Der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn hat in seinen Gedanken zum Evangelium vom 26. Sonntag im Jahreskreis B (Markus Markus 9, 38-43.45.47-48) das Verhältnis von Höllenangst und Gottesfurcht erörtert.
Kardinal Schönborn stellt zu Recht fest, dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass Jesus selbst immer wieder von Teufel und Hölle gesprochen wird. Gleichzeitig warnt er allerdings vor drei populären Fehldeutungen:
Die Erste sagt: Das waren eben damalige (primitive) Vorstellungen. Für uns moderne Menschen haben sie nichts mehr zu sagen. Eine Zweite nimmt alle diese Aussagen einfach wörtlich und malt sie noch aus. So machten es gewisse Höllenpredigten, die sich die Qualen der Verdammten ausmalten und sie noch mit allen möglichen Foltern ausschmückten. Eine dritte Fehldeutung besagt, dass Jesus das gar nicht so gemeint habe, dass er nur den Ernst der menschlichen Entscheidungen deutlich machen wollte. Natürlich habe er das selber ganz anders gesehen, hat er doch vor allem vom lieben, liebenden, verzeihenden und barmherzigen Gott gesprochen und nicht vom ewigen Höllenfeuer.
Diese drei Fehldeutungen können allerdings nicht zu dem Schluss führen, eine Hölle gebe es nicht. Tatäschlich stellt Kardinal Schönborn fest, dass die Kirche die Höllenvorstellung (leider) benutzt hat, die Angst der Menschen vor der ewigen Verdammnis „anzuheizen“, um dann festzustellen:
Mein Eindruck ist, dass diese Angst heute bei vielen abhanden gekommen ist. Sie hatte aber auch ihr Gutes. Die Menschen wussten: Was ich heute und jetzt tue oder unterlasse, das hat Auswirkungen nicht nur auf dieses Leben, sondern auf mein ewiges Glück oder Unglück.
Mit persönlich ist die Feststellung, dass Höllenangst etwas Gutes haben kann, suspekt. Das klingt nach einer eigenartigen Pädagogik. Braucht der Mensch die Höllenangst, um gut werden zu können?
Die Höllenangst, die viele Menschen in früheren und manche sicher auch in heutigen Zeiten quält, hat seine Ursache in der Vorstellung einer Hölle als Ort einer ewigen Strafe. Aber kann es einen solchen Ort in einer Ewigkeit, die pure Gegenwart ist, überhaupt geben? Ich meine, dass das ein Widerspruch in sich ist. Vielmehr geht die biblische Rede von der Hölle zurück auf den Gedanken, dass Gott im Letzten gerecht sein muss. Es kann nicht sein, dass vor Gott Gut und Böse nicht mehr zählen. Deshalb mahnt Paulus auch im zweiten Korintherbrief:
Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat. (2 Korinther 5,10)
Es geht deshalb nicht um die Angst, wie Kardinal Schönborn meint, anderen „die Hölle“ zu bereiten. Das Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi ist vielmehr eine letztgültige Selbsterkenntnis. In dieser ultimativen Anschauung Gottes werden wir unserer selbst gewahr. Wir werden uns als die erkennen, als die Gott uns gedacht hat. Wir werden sehen, wo unser Leben gelungen ist. Wir werden aber auch Rechenschaft (vor Gott und vor uns) für die Entscheidungen und Taten ablegen, die wir wissentlich oder unwissentlich gegen den Willen Gottes getroffen und begangen haben. Diese Selbsterkenntnis wird uns den Himmel oder die Hölle bereiten.
Da allerdings die meisten Menschen nie ganz gut oder ganz schlecht sind, sind wir auf die liebende Vollendung durch Gott angewiesen. Gerade hierin liegt der Erlösungsgedanke des christlichen Glaubens: Die Liebe Gottes wird uns läutern und das Krumme in uns gerade machen. So spricht Jesus eben nicht nur von Teufel und Hölle, sondern auch vom Paradies und dem Reich Gottes. Wie sonst könnte er dem Schächer am Kreuz sagen: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ (Lukas 23,43) Und die einzige Sünde, die wirklich in die Verdammung führt, ist die Sünde wider den Heiligen Geist, also die letzte und ultimative Verleugnung Gottes (vgl. Markus 3,28-30 par)
Mich beschleicht manchmal die Vorstellung, dass der Wunsch, andere mögen in der Hölle schmoren, der letztlich auf uns zurückfällt, die Höllenangst schürt. Er traut der liebenden Gerechtigkeit Gottes letztlich nicht über den Weg. Wir Christen sollten wissen, dass man sich das Heil nicht verdienen kann. Deshalb lautet mein Plädoyer: Höllenangst nein, Gottesfurcht ja.
Auch wenn wir nichts mehr tun müssen, um das Heil zu erlangen, weil wir längst erlöst sind, gilt doch das Gesetz Christi: Gerade weil wir erlöst sind, sollen wir als Geheiligte leben! Brauchen wir da wirklich eine Hölle als Motivation?
Dr. Werner Kleine
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Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Ich habe diesen Artikel mit Interesse und Freude gelesen.
So wie Theologen keine „Höllenangst schüren“ dürfen, sollten sie aber auch nicht ausschließlich vom „Lieben Gott“ sprechen.Je nach dem wie über den „Lieben Gott“ gesprochen wird, kann auch der Eindruck entstehen – och, ist ja egal wie ich mich im Leben verhalte,ich „komme sowieso in den Himmel“.
Dass wir uns den Himmel „verdienen“ müssen, und am Ende jeder für sich vor Gott Rechenschaft abzulegen hat, sollte in das Bewustsein der Menschen rücken. Gott hat uns als schwache Menschen geschaffen und das wird er auch bei „Gericht“ nicht vergessen.
Interessanter Beitrag, jedoch habe ich mal eine Frage. Wie kann ich diesen Post zu meinem Feed Leser hinzufügen? Ich finde das Icon nicht. Danke
Hallo PowerDrome, wenn ich dich richtig verstehe, müsste ein kleines rss-icon im Adressfeld deines Brwosers zu finden sein.
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